Wednesday, June 21, 2006

Phnom Penh

Phnom Penh ist die Hauptstadt Kambodscha's und hat ca. 1,7 Millionen Einwohner. Sie liegt am Zusammenfluss von Tonle Sap, Bassac und Mekong und viele Strassen waren auch gleich mal ueberschwemmt, als wir ankamen. Phnom Penh ist sehr kontrastreich, vor allem die Spanne zwischen arm und reich faellt sofort ins Auge, denn viele bettelnde Kinder in zerrissenden Shirts reihen sich neben teuren Cafes und Restaurants in restaurierten Kolonialgebaeuden an der schoenen Flusspromenade ein. Nirgends in Asien haben wir bis jetzt so viele Bettler gesehen, die meisten von ihnen verkrueppelt oder junge Muetter mit kleinen Kindern.

Natuerlich gibt es auch viele Sehenwuerdigkeiten in Phnom Penh und Kathi und Ich waren dort richtig fleissig und haben wirklich alles gesehen. Allem voran natuerlich der Koenigspalast, der vom Stil her sehr dem in Bangkok gleicht (fuer alle die schon mal dort waren). Nur die Farben sind mehr gelblich, also heller und die Anlage befindet sich in einem wunderschoenen Garten. Da die Koenigsfamilie immernoch hier wohnt sind weite Teile des Palastes unzugaenglich. Aehnlich des Wat Phra Keo in Bangkok hat auch die kambodschanische Koenigsfamilie eine religioeses Highlight zu bieten, naemlich die Silberpagode. Wie der Name schon andeutet ist der Boden mit 5 Tonnen Silber ausgelegt (der aber zum Schutz mit Teppichen bedeckt ist) und als Prachtstuecke bietet die Pagode einen sitzenden Kristallbuddha, sowie einen lebensgrossen, 90 kg schweren stehenden Buddha aus reinem Gold, der mit ueber 2000 Diamanten besetzt ist... schliesslich will man dem thailaendischen Hof ja nicht hinterher hinken.
Im danebenliegenden Nationalmuseum, dass vor allem durch seine wunderschone Architektur und seinen stilvollen Garten besticht, sind wichtige Skulpturen und Reliefs aus der Angkor Periode ausgestellt. Viele wurden von Angkor hierher gebracht, um vor Kunstdieben in Sicherheit zu sein. Ausserdem gibt es Bronzefiguren und Keramik aus dem 4. -9. Jhrd. zu sehen.
Fuer uns Shoppingfans: Im Sueden der Stadt gibt es den Psar Tuol Tom Pong oder auch Russian Market, der sich als heiss und stickig aber gleichzeitig als absolutes Einkaufsparadies entpuppte. Man kann sich dort naemlich ziemlich erfolgreich durch Berge von originalen Klamotten wuehlen (guckt mal auf den Herstellungsort eurer H&M- und Zarashirts) und diese dann fuer 2 - 4 US Dollar erstehen. Als Beispiel: Columbiahose fuer 4 $, Banana Republic Langarmshirt fuer 3 $ und jede Menge Old Navy, American Eagle, H&M und GAP Shirts zwischen 1 und 2 $. Ich muss wohl nicht erwaehnen, dass Kathi und Ich diesen Markt gleich 2mal aufsuchten und so richtig zugeschlagen haben. Das 8-Kilo-Paket haben wir dann in Bangkok losgeschickt...

Natuerlich haben wir uns auch mit der dramatischen Geschichte des Landes, besonders der letzten knapp 30 Jahre beschaeftigt und beschaeftigen muessen.... Deswegen nahmen wir uns mal wieder ein TukTuk mit Fahrer und fuhren morgens zu den "Killing Fields" von Choeung Ek, die vor allem durch den gleichnamigen Film bekannt worden sind. In der Zeit zwischen 1975 - 78, als die Khmer Rouge mit ihrem Anfuehrer Pol Pot die Macht im Lande ergriffen hatten, starben in Kambodscha insgesamt 2 Millionen Menschen, entweder an den direkten oder indirekten Folgen (Hunger, fehlende medizinische Versorgung...) dieser brutalen Herrschaft. Das war ein Drittel der damaligen Bevoelkerung. Pol Pot wollte einen maoistischen Bauernstaat schaffen und aus diesem Grund mussten unpassende "Parasiten" aus dem Weg geschafft werden... Aezte, Lehrer, Moenche, fruehere Politiker.... es genuegte schon eine Brille zu tragen oder eine Fremdsprache zu sprechen, um kaltbluetig ermordet zu werden. Das Regime zeichnete sich durch eine unglaubliche Brutalitaet und Gewalttaetigkeit aus. Sobald auch nur eine Person des Verrats verdaechtigt wurde, wurde sofort die ganze Familie mitinhaftiert. Oft wurden die Gefangenen erst monatelang gefoltert, oder mussten in einer Art Konzentrations- oder auch Arbeitslager auf ihre Ermordung warten. Familienmitglieder wurden oft Tag fuer Tag einer nach dem anderen gefoltert und ermordet, so dass die restlichen genau wussten, dass sie wohl am naechsten Tag sterben wuerden. An der Stelle der Killing Fields, in welchen die Ueberreste von 9.000 Menschen in Massengraebern gefunden wurden (und viele weitere gar nicht erst geoeffnet wurden) ist zu diesem Andenken eine weisse Pagode erbaut worden, in der sich auf 17 "Etagen" ueber 8000 Schaedel befinden. Bei Vielen sieht man Einschussloecher oder Hammerabdruecke. Der Rundgang ueber das kleine Gelaende war echt richtig eklig, denn ueberall stecken noch Knochen im Boden oder Zaehne und Knochen sind auf kleinen Haufen entlang des Weges gesammelt. Eine Gedenktafel hat uns besonders geschockt: Um teure Munition zu sparen, wurden kleine Kinder und Babys einfach so oft gegen einen dicken Baum geschlagen bis sie starben. In der Naehe des Baumes wurde laute Musik gespielt damit die Schreie der vielen Kinder und Frauen nicht so laut zu hoeren waren....
Anschliessend statteten wir noch dem Tuol Sleng Museum einen Besuch ab, welches in gleichem Kontext steht. Seit 1975 war eine fruehere High School mitten in Phnom Penh in ein Hochsicherheitsgefaengnis umgewandelt worden, welches als Security Prison S-21 bekannt wurde. Es wurde bald das groesste Internierungslager und Folterzentrum des Landes. Alle ueberlebenden Insassen dieser Anstalt wurden spaeter zu den Killing Fields gebracht und dort ermordet. Insassen, die noch im Gefaengnis an den Folgen der Folter starben, wurden gleich in Massengraebern auf dem Gefaengnisgelaende begraben. Anfang 1977 gab es im S-21 eine schreckeneregende Anzahl von durchschnittlich 100 Opfern pro Tag (!). Die Khmer Rouge dokumentierten die Inhaftierung der Insassen sehr genau und machten sogar bei Einlieferung Passfotos, so dass in langen Raeumen der ehemaligen Schule neben Foltergeraeten und anderen Fotos, die Passbilder von mehreren Tausend Maennern, Frauen und leider viel zu vielen unschuldigen Kindern ausgestellt sind.
Die kambodschanische Gesellschaft scheint sich von diesem apokalyptischen Trauma des Voelkermordes immer noch nicht ganz erholt zu haben. Es gibt immer noch zu wenig Aerzte und Lehrer, es gibt viele Landminenopfer und vor allem fast keine aelteren Leute.

Um uns von diesen krassen Eindruecken zu erholen, verabredeten wir uns fuer den Abend mit 2 weiteren deutschen Maedels und sahen uns das Spiel der Nationalmannschaft gegen Schweden auf einer grossen Leinwand an (mal wieder waren wir die einzigen Deutschen weit und breit), feierten danach einige Zeit im Heart of Darkness, um schliesslich auch noch England gegen Ecuador gewinnen zu sehen.

1 Comments:

At 04 July, 2006, Anonymous Anonymous said...

Hallo Irmela,
wir sind froh, dass es Dir wieder gut geht und grüßen Dich ganz herzlich aus dem WM-begeisterten Deutschland. Heute abend geht es gegen Italien, und dann ist Klinsmann mit seiner Truppe hoffentlich im Endspiel.

Liebe Grüße
Rolf und Susanne

 

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