Monday, July 31, 2006

Zu Fuss durch die gruene Hoelle

Von den herrlichen Perhentian Islands aus war es eine 2-Tages-Fahrt mit Bussen und gefriergekuehltem Zug, der "Jungle Railway", bis wir in Jerantut, dem Eingang zum Taman Negara Nationalpark ankamen. Taman Negara bedeutet auch einfach nur "Nationalpark", denn er war der Erste, der 1938 in Malaysia gegruendet wurde. Der Nationalpark umschliesst eine Flaeche von 4343 qkm und schuetzt den aeltesten Regenwald der Erde, der etwa 130 Millionen Jahre alt ist. Zu dieser Zeit herrschte in vielen Gebieten der Erde noch Eiszeit, weswegen sich der Wald hier besonders ungestoert entwickeln konnte. Der Park ist insbesondere beliebt bei einheimischen und auslaendischen Touristen, da es hier wunderbare Gelegenheiten zu Dschungelwanderungen, Flussfahrten und Hoehlenerkundungen gibt. Und irgendwo in den Tiefen des dunklen Waldes soll es auch noch Elefanten und Tiger geben...
Wir hatten einige ruhige, gemaechliche Tage im Dschungel geplant und fuhren so morgens 3 Stunden mit dem Boot auf dem Tembeling und genossen eine wunderschoene Fahrt auf dem recht braunen Fluss, vorbei an Wasserbueffeln und Leguanen. Angekommen in Kuala Tahan, dem "Basecamp" des Parks ruhten wir uns erstmal aus und gingen mit 4 anderen deutschen Maedels am spaeten Nachmittag zu der Badestelle Lubok Simpon an einem anderen Fluss, wo wir das riesige Glueck hatten, 2 grosse Horden von Affen beobachten zu koennen. Die sprangen in der Daemmerung, einige jedoch recht unbeholfen, von Baumkrone zu Baumkrone und man konnte sie dank lautstarkem Blaetterrascheln sehr gut verfolgen. Am naechsten Tag unternahmen wir dann mit den gleichen Maedels eine Flussfahrt zum "Wasserfall Lata Berkoh", der sich aber eher als Stromschnelle herausstellte. Ein halbstuendiger Wanderweg fuehrte uns durch den Dschungel, vorbei an riesigen Baeumen durch den sattgruenen Wald. Immer im Gefolge einige Muecken, auf dem Boden lauerten schon gierig einige Blutegel, die wir aber zumindest an diesem Tag noch erfolgreich abwehren konnten. Als wir lange genug auf den Steinen gesessen und Fotos gemacht hatten, wanderten wir wieder zurueck und genossen die sanfte Fahrt auf dem kleinen Tahan Fluss. Dieser gilt als besonders schoen, da ueber weite Strecken viele Baueme weit ueber das Wasser ragen und teils kleine Tunnel bilden. Fuer den Nachmittag hatten wir uns nun mit Rune und Martin aus Daenemark verabredet, mit denen wir schon kurzzeitig in Laos gereist waren, also warteten wir auf ihre Ankunft aus Kuala Lumpur. Fuer den naechsten Tag hatten wir uns extra einige ruhige Aktivitaeten wie den beruehmten Canopy Walk durch Baumkronen und eine Nachtwanderung aufgehoben, um dieses Program gemeinsam mit den Jungs durchfuehren zu koennen ... aber wie Kathi schon richtig vermutet hatte, waren die beiden Herren daran eher weniger interessiert, sondern wollten den echten Dschungel und natuerlich Abenteuer erleben. ... also liessen wir uns am Abend bei einem Bierchen von den beiden zu ihrem Abenteuerplan ueberreden.

Am naechsten Tag wollten wir nun eine 5-stuendige Wanderung zu einer Huette ("Hide") unternehmen, dort die Nacht verbringen und zurueckwandern. Soweit der Plan. Wir entschlossen uns, noch vor der Wanderung den beruehmten Canopy Walk zu ueberqueren, damit wir am naechsten Tag keinen Zeitdruck haben wuerden diesen zu erreichen. Nach Provianteinkaeufen und Fruehstueck ging es also los: wir setzten ueber auf die andere Flussseite, liehen uns noch Schlafsaecke, Taschenlampe und Martins ulkige Wanderstiefel von den Taman Negara Headquarters aus und marschierten los auf einem Weg Richtung Canopy Walk . Hier war der Weg noch viel frequentiert, zuviel, wie wir feststellen mussten, als wir an unserer ersten Station ankamen und ca. 100 Leute vor uns auf ihre grosse Stunde auf dem Canopy Walk warteten. Scheisse. 1 h Wartezeit. Der Canopy Walk ist ein Netz aus recht abenteuerlichen Bruecken, die auf ca. 450 m Laenge durch die Baumkronen einiger Urwaldriesen in einer Hoehe von 45 m gespannt sind. Es ist ganz schoen wackelig und eng dort rueberzugehen und man muss sich gut fest halten und ganz wichtig, 5 m Abstand halten. Gut, dass ich nach unserem Dschungelabenteuer in Laos nun keine Hoehenangst mehr habe! Naja, jedenfalls war das Ganze bei Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit doch etwas anstrengender, als wir vorher vermutet hatten, und so begannen wir unsere Trekkingtour schon leicht geschwaecht.... Deshalb gab's auch schon nach 1 Stunde Mittagessen: von einem Strassenstand hatten wir uns Nasi Lemak, ein typisch malayisches Reisgericht in Papier gepackt, mitgenommen, liessen uns auf einem Baumstamm nieder und assen das Ganze lecker mit den Fingern - irgendwie so richtiges Dschungelfeeling. Danach gingen dann mal so richtig die Strapazen los, denn bei dem Weg handelte es sich leider nicht um einen solchen im eigentlichen Sinne, sondern mehr um eine , Art Pfad, der oft nur mit Hilfe der angebrachten Seile ueberwindbar war (siehe Foto). Staendig ging es bergab, ueber einen Bach und wieder bergauf. In 2 Stunden schafften wir nur 3 km und waren voellig fertig. So hielten wir uns also bei jedem Schritt an den Baeumen fest und hangelten uns vorwaerts.... bergauf, bergab, bergauf, bergab... besonders meine Wasservorraete loesten sich ungewoehnlich schnell auf, was zwar den Rucksack leichter, den Rueckweg aber viel schwerer gestalten wuerde. Ein bestimmtes Tempo musste aber gehalten werden, da es nun auch schon auf den spaeteren Nachmittag zuging und wir natuerlich vor Einbruch der Dunkelheit in dem Hide Kumbang ankommen mussten. Bergauf, bergab, ueber dicke Wurzeln steigen, Mueckenschwaerme, ausgerutscht, Blutegel am Beim, klitschnasses Shirt, bergauf, ueber Baumstaemme, mit den Haaren an gemeinen palmenaehnlichen Blaettern mit fiesen Widerhaken haengengeblieben, Schuhe druecken, bergab weggerutscht und beim Festhalten die Schulter verzogen, Durst, hohe Luftfeuchtigkeit, immer kraeftig am Seil festhalten, dicker Blutflecken von Blutegel auf der Hose, Mueckenstiche brennen, der Schweiss laeuft in die Augen, beim Ueberqueren eines Flusses weggerutscht und nun ein nasser Schuh, bergauf, bergab, neues Mueckenspray verspruehen, Trittsicherheit, ueber einen riesigen Baumstamm klettern und unter einem anderen hindurch, ausser Atem, die Zeit rennt, den Pfad verloren, wo sind ueberhaupt die Jungs?, scheisse, verlaufen. Da sassen wir nun mitten im Dschungel und der Pfad war weg... zum zweiten Mal. Kurze Pause. Irgendwie bricht auch schon die Daemmerung ueber uns herein. Egal, einfach weiter am Fluss entlang durchs Gebuesch. An einem ausgetrockneten Flusslauf entschlossen wir uns, diesem Richtung grossen Fluss zu folgen und finden nach einiger Zeit gluecklicherweise den Pfad wieder. Gott sei Dank. Also schnell weiter. Bergauf versteht sich. Schnell. Auf einmal: Betonstufen im Dschungel, yippie, eine graue Bruecke ueberquert einen See oder Fluss und wir auch. Es kann doch nicht mehr weit sein. Da, ein Schild, ein Wegweiser! 45 min. bis zum unserem Hide, dem Bumbun Kumbang. Wolken ziehen auf. Weiter ueber hohe Baumwurzeln, ueber Steine und Staemme und immer wieder die Schuhe auf Blutegel checken. Der Himmel zieht sich weiter zu und es faengt an, in der Ferne zu donnern. Es wird immer dunkler. Speedwandern. Ich bin schon voellig ausser Atem. Noch ein Schild: nur noch 200 m. Kathi wandert sehr zuegig vorraus, es faengt an etwas zu troepfeln. Da ist er enderlich: der Kumbang Hide. Hochgebaut aus dunklem Holz in einer Lichtung. Wir erklimmen die 25 Stufen, die Daenen konnten nicht mehr mithalten und kommen 2 Minuten spaeter und schon faengt es an zu regnen, zu giessen, zu schuetten. Voellig fertig lassen wir uns auf die dunklen harten Holzbetten fallen. Geschafft. Ziemlich gutes Timing. Fast 8 Stunden lang gewandert. Es wird dunkel. In der Huette warten schon 2 deutsche Paearchen, die sich mit dem Boot haben fahren lassen und ein Ire, der ebenfalls gewandert ist. Wohl irgendwo vor uns. Auch er hat zweimal den Pfad verloren und sich beim Ausrutschen den gesamten Oberschenkel ca. 30 cm lang aufgeschrammt. Nach einem Iso-Drink und noch mal Nasi Lemak geht es uns schon wieder besser. Ca. 1 1/2 Stunden lang leuchteten wir anschliessend mit unseren Taschenlampen den finsteren Wald ab und hofften, dass uns irgendwann grelle Augen entgegenleuchten wuerden, doch ausser Gluehwuermchen und Fledermaeusen war leider kein anderes Lebewesen auszumachen. Noch nicht. Nun stand uns nur noch die Nacht bevor, von der wir schon Schlimmes gehoert hatten... und alles stellte sich als wahr heraus. Um uns vor Ratten zu schuetzen (die hier eine beachtliche Groesse erlangen) befestigten wir alles Essbare mit einer langen Schnur und in Plastiktueten gepackt an der Decke. Wir hofften, uns die Viecher so einigermassen vom Leib halten zu koennen und mummelten uns in unseren duennen Schlafsaecke ein. Besonders Kathi, die eine totale Angst vor Ratten hat, graute es vor dieser Nacht. Schon bald, nachdem wir eingeschlafen waren, hoerten wir sie: Gepiepse, Getrippel, Gerenne. Ich war aber einfach nur totmuede, tat meine Ohrenstoepsel rein und wollte schlafen - bis Martin mich um ca. 1 Uhr aufweckte. " Ehhh, Irmela, so you know, it's your bagpack the rats are eating. You seem to have nuts in there... but we decided to just sacrifice it". Na prima, vielen Dank. Kathi und Ich hatten davon noch nichts mitbekommen und so kletterte ich , von 2 Taschenlampen geleuchtet, sauer runter zu meinem Rucksack und den Ratten. Ich verscheuchte die bloeden Viecher und musste feststellen, dass sie meinen Rucksack schon komplett aufgebissen hatten. Waehrend der Wanderung waren wohl Erdnuesse im Rucksack ausgekippt und die hatten sie sich geschnappt. Die verbleibenden 3 Erdnuesse warf ich aus der Huette, aber da war es eigentlich schon zu spaet. Rucksack im Arsch. Ca. 2 Stunden spaeter gab es erneut Aufruhr und grosses Gelaechter. Die Ratten waren an der Schnur runtergeklettert und machten sich ueber die Essensvorraete der deutschen Paearchen her. Da hing nun also die Ratte in einer rosa Plastiktuete an einer 2 m langen Schnur von der Decke eines Hides mitten im malayischen Dschungel und frass Reis, Huehnchen und Cracker.... der ca. 20 cm lange nackte Schwanz hing heraus. Kathi fand's nicht wirklich witzig. Hmm. Interessantes Bild. Voellig fertig, mit uebelst zugequollenen Augen standen wir am naechsten Morgen frueh auf und packten schnell zusammen. Schon am Vortag war fuer Kathi und mich klar gewesen, dass wir NICHT wie geplant zurueckwandern, sondern ein Boot nehmen wuerden. Also machten wir uns schnellstens auf den nassen 45-minuetigen Weg zum Fluss, wehrten wenig erfolgreich die vielen Blutegel ab (die immer bei Regen besonders zahlreich sind), nahmen das erste Boot und fuhren zurueck in die Zivilisation. Auf dem Boot stellte ich fest, was die Ratten noch so alles gefressen hatten: meine Pillenpackung (!) und mein NoBite-Insektengel. Wir verdammten sie erneut und wuenschten ihnen ewige Unfruchtbarkeit, so. Innerhalb von weiteren 20 Minuten hatten wir uns von Rune und Martin verabschiedet, sassen im Bus in die naechstgroessere Stadt Jerantut, voellig verschlammt und fertig, mit blutigen Beinen und durchgeschwitzt. Ein Segen war da ein schnelles Fruehstueck von Kentucky Fried Chicken. Von dort aus in die naechste Stadt Temerloh und weiter mit dem naechsten Bus auf dem supermodernen Highway nach Kuala Lumpur - K.L., wir kommen und wir werden dich lieben!

1 Comments:

At 08 August, 2006, Anonymous Anonymous said...

Sieh's mal positiv, die Viecher werden sich im naechsten Monat nicht vermehren :-)

 

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