Friday, September 01, 2006

Mitglied einer balinesischen Familie

Mal wieder gut, dass wir unsern geliebten George (mit dem wir zu Anfang 6 Wochen gereist waren) kennengelernt hatten, denn er hatte uns von dieser einmaligen Gelegenheit eines Homestays auf Bali berichtet und uns damals die Kontaktdaten gegeben. Also riefen wir einen Tag nach unserer Ankunft auf der Insel der Götter bei Wayan an, der uns einen weiteren Tag später abholte. Von der Küste aus fuhren wir fast 1 1/2 Stunden ins hügelige Inland, immer Richtung Berge, die Straßen wurden schmaler und schlechter, das Klima wurde kühler und schon bald fanden wir uns inmitten knallgrüner Reisterrassen wieder. Und dann waren wir da: im Dorf Jegu in der Region Tabanan. Die einzigen Touristen, die hier je herkommen wohnen wie wir im Bali Homestay. Eine lange Straße führt vorbei an vielen Häusern, unzähligen Tempeln, vielen Hausmauern bis wir endlich bei Wayan's Haus ankamen.
Tag 1. Von der Familie wurden wir gleich freundlich begrüsst, lernten Wayan's Ehefrau Nyoman, die Kinder Riksa und Krisna und den Rest der 4-Generationen-Familie kennen, bei denen wir fuer die naechsten 6 Tage wohnen wuerden. Auch einige Nachbarn schauten neugierig vorbei und stellten sich vor.
Balinesische Wohnverhaeltnisse sind voellig anders, als wir sie bisher in Asien vorgefunden haben. Im Gegensatz zu den sonst sehr offenen Häusern und Dörfern, trennen auf Bali lange Mauern die Häuser der einzelnen Familien voneinander. Innerhalb einer Mauer stehen viele kleine ueberdachte Gebaeude, wobei der Reisspeicher mit sich darunter befindender Sitz- und Abhängfläche jedesmal das Zentrum bildet. In den kleinen Häusern befinden sich bloss die Schlafzimmer, die Küche und das Bad, alles andere spielt sich draussen ab, vor allem unter den Reisspeichern. Im Dorf gibt es kein fließend Wasser und so duscht man sich mit Hilfe eines Eimers, den man mit eiskalten Wasser aus einer großen Wanne füllt, die direkt aus den Bergen kommt...brrr. Auf die gleiche Weise funktioniert die Toilettenspülung des gekachelten Lochs im Boden.
So setzten also auch wir uns gleich unter den Reisspeicher und genossen unseren Willkommensdrink, bevor wir mit ca. 7 Kindern des Dorfes zu einem Spaziergang ueber die Reisfelder aufbrachen. Die Kleinen zeigten uns ihre Welt rund ums Dorf, spielten, stritten sich, sprangen in den Matsch der Reisfelder und übten begeistert mit uns Englisch. "What is your name?", "Which is your favourite colour?", "How old are you?". Fleissig beantworteten Kathi und Ich die vielen schüchternen Fragen und fragten natürlich genauso gleich zurück. Besonders dem einzigen Jungen Krisna machte es jede Menge Spass die anderen Mädchen zu ärgern und ihre FlipFlops weit in den Matsch der Reisfelder zu befördern... ich glaube Jungen sind überall auf der Welt gleich. In wunderschöner Nachmittagsstimmung beobachteten wir die Arbeit der Reisbauern auf ihren leuchtend grünen Feldern und machten viele Fotos von den Kindern, was ihnen jede Menge Spass machte. Die von Nyoman unglaublich lecker vorbereiteten balinesischen Gerichte verspeissten wir die naechsten Tage immer unter dem Reisspeicher, zusammen mit Wayan und manchmal einigen Nachbarn.

Tag 2. Am nächsten Morgen gingen wir mit Nyoman zu den Nachbarn rüber, wo grade die Vorbereitungen für die Hauseinweihungszeremonie am nächsten Tag liefen. Die Balinesen sind bekannt fuer ihr besonders bunten und immer noch traditionellen Zeremonien für jeden erdenklichen Anlass. Diesmal sollte also ein Haus eingeweiht werden und so wurden aus Kokosblättern, die teilweise pink eingefärbt wurden und jeder Menge Holzstöckchen die tollsten Dekorationen gezaubert. Alle Frauen der Familie und Nachbarn sitzen dafür zusammen und basteln, was das Zeug hielt. Zuerst sassen wir dabei, assen schwarzen Reis mit süßem Kokos zum Frühstück und wurden kurz darauf selbst tätig, quasi ein Offering-Workshop. Eine Nachbarin zeigte uns wie man aus den obengenannten Bestandteilen eine Art kleinen Teller bastelt auf den spaeter noch verschiedenfarbige Blumen, Reiscracker usw. kommen.... hmm. Irgendwie gar nicht so einfach... widerspenstiges Blatt... und dauernd bricht dieser Stock ab... hmm. Bei den Frauen sieht das irgendwie alles so einfach aus. Hmm. Naja, aber irgendwann bekamen wir dann doch noch unser erstes Offering hin und waren ganz stolz. Am Nachmittag kam dann noch ein holländisches Päarchen (Dennis und Henrike), das für eine Woche bei den Nachbarn wohnen würde und so machten wir uns am Nachmittag mit Wayan auf zu einem kleinen Trekking durch die Reisterrassen auf der anderen Seite des Dorfes. Wayan zeigte uns alle essbaren Früchte, Blätter und Knollen, erklärte und den Reisanbau und zeigte uns stolz sein Reisfeld. Nun wissen wir wie Ananas und Kakao wachsen, und dass man rote Hibiscusblüten aussaugen kann, denn die schmecken am Stengel ganz süß. Begleitet wurden wir von einem weiteren Nachbarn und drei Mädchen, denen es besonders viel Spaß machte, Wasserhyazinthen zu sammeln. Als Abschluss gab es frische balinesische Snacks im Garten des Nachbarn: wir lutschten Kakaobohnen (das weisse Fleisch aussenrum schmeckt süß-sauer) und genossen frischen Saft aus einer jungen Kokosnuss. Nach dem Abendessen zogen uns einige Frauen dann die traditionelle balinesische Kleidung an und setzten uns den passenden Haarschmuck auf. Zuerst zieht man eine Art Rock an, den Sarong. Dann tragen die balinesischen Frauen eine Art Korsett unter einer Bluse aus Baumwolle oder Spitze, um die Taille wird ein kontrastreiches Tuch gebunden. Sowieso sind alle Stoffe sehr farbenfroh, oft mit Gold- oder Silberfäden durchzogen und die Outfits wirken insgesamt sehr fröhlich. Der Haarschmuck besteht aus bunten Blüten und goldenen Blättern, die bei jeder Bewegung leise rascheln. Die Männer tragen einen kurzen und einen langen Sarong übereinander, darüber ein kurzärmliges Hemd und ein zu einem Hut gebundenes Tuch, natürlich alles farblich passend und bunt.

Tag 3. Zu einer Geräuschkulisse aus lachenden und umher rennenden Kindern, bellenden Hunden, gackernden Hühnern und seit 3:30 krähenden Hähnen wachten wir jeden Morgen auf. Das Dorf steht früh auf und heute ist schulfrei... und unser erster Sightseeingtag. Zusammen mit Wayan fuhren wir vier über die kurvigen Bergstraßen weiter Richtung Norden - tief ins Landesinnere der Insel- yum Danau Bratan See. Als wir ausstiegen war es gleich 8 Grad kälter und wir zogen Pullis über. Nachdem wir den Botanischen Garten und den Orchideengarten gesehen hatten, fuhren wir zu einem Aussichtsplatz an den Hügeln des Gunung Pohon und genossen die Aussicht auf den Kratersee. Anschliessen fuhren wir runter zum See und yum berühmten hinduistisch/buddhistischem Tempel Pura Ulun Danu Bratan aus dem 17. Jhrd. Der Tempel selbst ist leider nur für Gläubige zugänglich, aber die Umgebung mit dem von Wolken verhüllten Berg Gunung Catur, einem tollen gepflegten Garten und der Lage direkt am/im See ist einfach atemberaubend schön. Nach einer Mittagspause gingen wir dann noch auf den Markt von Candikuning, wo irgendwie alle Verkäufer ein bisschen Deutsch sprachen und wir einen der besten Sprüche hörten: " Kaufen sie hier, kaufen sie hier, billiger als bei Aldi" ... und das in den Bergen von Bali. Na gut. Gerne kamen wir natürlich der Aufforderung nach, schliesslich gab es frische Erdbeeren (die Saison in Deutschland haben wir ja verpasst) und Zimtstangen. Ausserdem waren die Souveniers viel günstiger als in der Küstenregion, die Verkäufer hatten also Recht. Am Abend machten die anderen dann noch einen Spaziergang und ich lernte kochen! Ja, man mag es kaum glauben, deswegen sag ich's noch mal, ich hab kochen gelernt. Naja, besser gesagt ein Gericht, aber immerhin. Das Gericht hatten Kathi und Ich naemlich zu unserem absoluten Favoriten auserkoren: Perkedel Jagung - balinesische Maisrösti. Und da fanden es alles ganz klasse, dass ich das lernen wollte. Nyoman bereitete die Zutaten vor und die Uroma der Familie schaute mir die ganze Zeit neugierig ueber die Schulter. Am Abend schauten wir uns dann den sogenannten Entertainment-Abend der Hauseinweihungszeremonie an. Alle Nachbarn sind da, es wir viel gesungen, vorgelesen und natürlich gegessen. Die Enkelin der neuen Hausbesitzer zeigte uns stolz das neue Gebäude und die vielen Gaben und Geschenke, die ihre Grosseltern bereits erhalten hatten.

Tag 4. Wir standen früh auf, um ab 7:30 für 5 Stunden die Hauseinweihungszeremonie verfolgen zu können. Alle waren feierlich in hellen Farben (weiß, gelb, orange, beige) gekleidet. Ähnlich dem Abend zuvor wurde viel gesungen, erzählt und gebetet. Die Gaben, darunter auch ganze Hühner, gebraten oder roh, Kokusnüsse, Blumen und die typischen Offerings wurden immer wieder mit Wasser gesegnet, gegen Ende der Zeremonie noch eine Ente geschlachtet. Am Nachmittag machten wir uns auf mit 3 Motorrädern und zwei Nachbarn zu einem weiteren Ausflug. Durch traumhafte Landschaft fuhren wir immer höher in die kühlen Berge, vorbei an unendlichen Reisterrassen, wieder durch viele Dörfer mit langen Mauern und traditionellen Tempeln jeder Größe. Unser Ziel war diesmal der Tempel Pura Luhur Batakau, direkt am Fuße des Gunung Batakau, welcher einer der drei heiligen Berge Bali's ist.Von hier aus startet ein Pilgerweg auf den Berg. Der Tempel war Staatstempel, als Tabanan noch ein unabhängiges Königreich war. Er liegt sehr abgelegen - aber auch hier spricht man deutsch- und einige Statuen sind schon sehr von der Witterung gezeichnet. Die Luft ist kühl und feucht, und wie in jedem Tempel Bali's müssen wir Sarongs tragen. Es gelten übrigens strenge Regeln für Frauen: wer seine Regel hat, oder z.B. Kinder, die noch keine Zähne haben, darf den Tempel nicht betreten... Die Tempeldächer sind, wie überall auf der Insel, aus schwarzen Fasern von Kokusnuessen gedeckt. Sieht fast so aus wie ein Reetdach in Norddeutschland.... Danach fuhren wir weiter, oft Kindern winkend, durch die sattgrüne Landschaft, wieder vorbei an Reisfeldern, Wasserbüffeln und Dörfern zu den Hotsprings von Penatahan. Hier gibt es einen großen und einen kleinen Pool, sowie einige offene Duschen. Diese Gelegenheit nutzten wir natuerlich sofort, endlich mal wieder warmes Wasser. Henrike teilte freundschaftlich ihr wohlriechendes Shampoo mit einigen kleinen, völlig begeisterten Mädchen in der Dusche. Nach dem wieder mal köstlichen Abendessen von Nyoman wartete dann eine riesige Überraschung auf uns: Die Kinder des Dorfes hatten in unserer Abwesenheit eine traditionelle Tanzshow eingeübt und für diese extra bunte Kostüme in Tabanan ausgeliehen. Von der Grundschule bis zur Oberstufe, alle machten mit. So konnten wir die bekannten balinesischen Tänze hautnah miterleben- und das alles von den süßesten Kindern. Sogar ein moderner Tanz zu indonesischer Popmusik mit Krisna und Riksa war dabei. Wir genossen die total niedliche, farbenfrohe, traditionelle Darbietung, die fast schon professionell wirkte sehr, zusammen mit dem ganzen Dorf, denn schliesslich wollte alle stolz ihren Kindern zusehen. Solche Tänze, ein wichtiger Bestandteil der balinesischen Kultur, werden in der Schule geübt, und so kann fast jeden Mädchen diese Tänze aufführen. Zum Schluss durften wir die Namen aller ca. 20 Kinder verlesen und sie bekamen von Wayan einen kleinen Umschlag zur weiteren Ermutigung des Ausbaus ihrer Tanzkünste.

Tag 5. Den Tag verbrachten wir vor allem unter dem Reisspeicher und mit den Kindern, bevor wir am Nachmittag das Touristenziel Nr. 1 der Insel besuchten: den Tempel Tanah Lot, der spektakulär ins Meer gebaut ist. Zusammen mit Hunderten anderer Touristen sahen wir uns einen malerischen Sonnenuntergang in den unterschiedlichsten Rottönen an, und genossen die ganz eigene Stimmung des rauhen Meeres. Auf dem Rückweg besuchten wir den Nachtmarkt in Tabanan, bevor wir noch ein letztes Mal Nyomans hervorragende Kochkünste genießen durften.

Tag 6. Ein bisschen traurig verliessen wir nach dem Frühstück die Familie... mit Wayan hielten wir noch an einem letzten Tempel auf dem Weg in die Künstlerstadt Ubud, bevor er uns bei unserem nächsten Hostel absetzte...

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