Friday, April 28, 2006

Pilgern auf den Golden Rock



Die Kyaikhtiyo Pagode, der Goldene Felsen sollte unser erster selbstorganisierter Ausflug werden. Um 6:30 befanden wir uns also schon im Linienbus und fuhren ueber Bago nach Kyaikhtiyo - in nur 5 Stunden, juhuu. Mit durchgesessenen Hinterteilen und schlauerweise nur Tagesrucksaecken, wurden wir auf uebervolle Allradfahrzeuge geladen und ueber extremkurvige und holprige Strassen zum Basislager fuer den weiteren Aufstieg gefahren- ein Schlachtviehtransport waere dagegen Luxus gewesen... Entschaedigt wurden wir aber durch unsere Sitzposition inmitten einer superfreundlichen grossen Familie, die uns sofort Bethelnuesse gegen die Uebelkeit in den Mund schob. Damit waren wir natuerlich nun (eigentlich vorher auch schon) der Blickfang aller 50 sich auf dem Wagen befindlichen Pilger, denn jeder wollte sehen, wie wir die milde "Volksdroge Nr. 1" nun zu uns nahmen. Nachdem man das Blatt, das als Verpackung dient, zerkaut hatte, gelangte man schnell zur roten Nuss, die ein bisschen stechend, ein bisschen bitter und ein bisschen nach Kaugummi schmeckte. Kathi und Ich konnten jedoch nicht anders, als irgendwann unsere Gesichter beim Genuss dieser roten Masse zu verziehen und nach grossem allgemeinen Gelaechter reichte man uns schnell Plastiktueten zum Ausspucken der Nuesse. Anerkennend nickten einige Leute. Nach 45 min Holpern und Rutschen war es geschafft, und Kathi und Ich meisterten den steilen Aufstieg vom Basecamp zu unserem Hotel. Unsere Gesichter muessen schon sehr rot gewesen sein, denn mehrmals wurden wir auf den ersten Metern gefragt ob wir nicht einen Saenftentraeger engagieren wollten. Wollten wir nicht und schleppten uns weiter. Nach einer Pause in unserem Hotel begannen wir dann unseren Pilgerweg. Die Strassen sind wirklich richtig steil, und da man sowieso schon nach 300 m nass geschwitzt ist, ist eigentlich auch alles egal. Zusammen mit den Pilgern machten wir einige Male Pause, bis wir schliesslich an die Verkaufsstrasse fuer alle moeglichen Heilmittel und Wunderprodukte, wie Schaedel und Affenblut, kamen. Es werden aber auch Suppen, Tee, Spielzeuggewehre und Sonnenhuete angeboten. Von hier aus sind es nur noch einige Meter bis zur Pagodenplattform. An der Spitze des Berges erstreckt sich ein weitlaeufiges Pilgerzentrum mit Andachtshallen, Kloestern und Andenkenstaenden und verschiedenen gefliesten Terrassen, bis hin zur eigentlichen Pagode. Die Kyaikhtiyo Pagode ist mit 5 Metern Hoehe ziemlich klein, aber der Platz an dem sie steht ist doch sehr besonders. Ein komplett vergoldeter Findling thront ueber einer Klippe und droht jeden Moment in den Abgrund zu stuerzen. Man sagt, dass der Felsen nur durch die Kraft eines Haares von Buddha an seinem Platz gehalten wird, welches sich eingeschlossen in der Pagode befindet. In Scharen stroemen die Maenner und kleben vorsichtig Goldplaettchen an den Felsen. Frauen duerfen mal wieder nicht. Die Frauen sitzen meist in Gruppen etwas unterhalb des Felsens auf einer Plattform und bestaunen die ganze Sache von dort aus. Insgesamt herrscht jedoch eine sehr lockere Stimmung. Kinder toben in der Gegend rum, Familien unterhalten sich und alle machen mindestens ein Foto von sich vorm Goldenen Felsen. Touristen haben wir ausser uns nur 3 Andere gesehen, und das ungefaehr auf 2000 Pilger. Mal wieder liebten es die Leute besonders sich auf den Bildschirmen unserer Digitalkameras zu sehen, und so machten wir Fotos von vielen Familien und Kindern und zeigten sie ihnen unter aufgeregtem Geplauder ihrerseits. Als Kathi und Ich irgendwann gefragt wurden, ob wir mit ein paar Leuten zusammen ein Foto vor dem Felsen machen wuerden, wurde der Stein ins Rollen gebracht. Die naechsten halbe Stunde verbrachten wir damit zu laecheln und mit mindestens 50 verschiedenen Leuten, Familien und Moenchen zu posieren. Wir haengen jetzt also wahrscheinlich in mindestens 50 verschiedenen burmesischen Wohnzimmern und werden bestimmt noch richtig beruehmt :-).
Die ganze Sache wurde bloss beendet, weil das weibliche Oberhaupt der Familie, die uns schon auf dem Allradfahrzeug so freundlich in ihre Mitte genommen hatte, alle weiteren Bilderwuensche von Pilgern abstritt. Sie fragte uns, ob wir schon gegessen haetten (ging ja nicht waehrend der vielen Fotos), und lud uns dann zum Essen ein. Mit Handzeichen alles natuerlich. Also folgten wir Lala in die eigentlich fuer Auslaender gesperrten Pilgerunterkuenfte und sie fuehrte uns durch eine Art Kellersystem in die Unterkunft, in der die Familie auf Strohmatten uebernachtete. Wir setzten uns auf diese und Lala (siehe Bild) und ihr Mann breiteten ihr selbstgekochtes und mitgebrachtes Essen vor uns aus. Dann fiel auch noch der Strom aus, und wir sassen erstmal im Dunkeln, bis jemand aus dem benachbarten Zimmer eine Kerze brachte. Waehrend wir hauptsaechlich Reis und Nuesse assen, da das andere Essen eher fragwuerdig aussah und roch, stroemten immer mehr Leute in den Raum, auch einige Familienmitglieder, die wir vom Aufstieg kannten und schauten uns beim Essen zu. Niemand wollte etwas essen, solange wir nicht satt waren. Zum Schluss befanden sich in dem Raum bestimmt 20 neugierige Leute und wir probierten uns mit der Familie zu unterhalten. Mit einigen Worten Englisch und Haenden und Fuessen. Wir waren eine richtige Sensation. Sie erklaerten uns die Familienverhaeltnisse und ihr Alter und wir zeigten Fotos von Thailand, von Luke und von meiner Mutter. Zum Schluss boten sie uns sogar noch an, mit ihnen auf den Matten zu uebernachten, aber wir lehnten dankend ab und verwiesen auf unser Hotel. Die Atmosphere war sehr herzlich und die Familie ueberaus freundlich und aufgeschlossen. Mich wollte man gleich mit dem 17-jaehrigen Sohn (der mit der Kappe, siehe Foto) verkuppeln... Zum Abschied schenkte man uns sogar noch ein Armband und etwas zu essen, und Lala und 2 andere begleiteten uns mit Taschenlampen noch bis zum Ausgang der Pagode. Wir wollten ihnen auch gerne etwas schenken, aber Lala lehnte immer wieder ab.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir nicht gewusst, was die ganzen Traveller gemeint hatten, als sie uns von den wunderbaren Menschen in Myanmar erzaehlten, nun hatten wir es erfahren und deutlicher gings wohl auch nicht. So ein Verhalten macht richtig nachdenklich und man ist fast peinlich beruehrt von solcher Gastfreundschaft. Welch erschreckender Unterschied zu europaeischen Gepflogenheiten... Ein komisches Gefuehl war es dann in unserem super sauberen Hotel, in unseren grossen Hotelzimmern auf unseren superbequemen und weichen Betten zu liegen....
Am naechsten Morgen gings nach einem ausgiebigen Fruehstueck wieder zurueck auf den Schlachtviehtransport. Die ganze Strecke hinunter zu fahren war noch viel turbulenter als die Auffahrt, und so musste sich die junge Frau neben mir gleich mal die Haelfte der Strecke lang uebergeben. Aber es gab einige schoene Ausblicke ins Tal.

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